6. Mai 2017 Leon Hoover 0Comment

Unter Investoren ist ein auf bis zu $150 pro Barrel steigender Ölpreis zu einer der heißesten Wetten an den Optionsmärkten avanciert, nachdem die USA und Europa an der Ausarbeitung von Plänen wirken, um die Rohölausfuhren des Iran zu limitieren. Neue Sanktionen sollen die Teheraner Regierung davon abbringen, ihr Nuklearprogramm weiter zu verfolgen. Experten bescheren diesen Plänen dagegen nur wenig Aussicht auf Erfolg.
China, Indien und andere Schwellenländer werden im Falle von Importsanktionen sehr wahrscheinlich in die Bresche springen

Die Anzahl der ausstehenden Calls zum Kauf von Rohöl zu einem Preis von $150 pro Fass (159 Liter) mit Auslieferungsdatum Dezember 2012 ist bis Anfang November dieses Jahres um rund 30 Prozent gestiegen. Der Bericht der Vereinten Nationen über die jüngsten Fortschritte des iranischen Nuklearprogramms hat hauptsächlich zu der Kauforgie von Futures-Kontrakten an der New York Mercantile Exchange beigetragen. Die zu diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Kontrakte haben ein Gesamtvolumen von 38 Millionen Barrel Rohöl, was laut US-Energieministerium 43 Prozent der globalen Tagesnachfrage entspricht.

Marktbeobachter erklärten, dass Investoren an den Rohölmärkten eine langfristige Sichtweise bevorzugten, um sich jetzt noch zu günstigen Preisen gegen wachsende Risiken an den Rohölmärkten abzusichern. Diese Situation werde sehr wahrscheinlich bis zum Frühjahr des kommenden Jahres anhalten. Der Preis für Call-Kontrakte mit einem Basispreis von $150 pro Fass ist bis zur Veröffentlichung des UN-Berichts um 9,2 Prozent auf $1,30 geklettert. Dieser Anstieg ist weitaus höher im Vergleich mit dem allgemeinen Preisanstieg von 5,2 Prozent für Rohöl-Futures im selben Zeitraum. Laut Experten des iranischen Außenministeriums könne der Rohölpreis auf bis zu $250 pro Barrel steigen, falls die Vereinten Nationen die Rohöllieferungen des Landes eines Tages komplett boykottieren würden. Der Iran ist immerhin der zweitgrößte Ölproduzent im Verbund der OPEC-Staaten.

Die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Kanada verabschiedeten vor Kurzem neue Sanktionen gegen iranische Finanzunternehmen, die Maßnahmen einschließen, die es potenziellen Käufern den Kauf von iranischem Rohöl erschweren. Die ausstehenden Kaufoptionen beliefen sich zum Ende dieser Woche auf 38.023, wie durch die Nymex publizierte Daten zeigten. Die zweitgrößte Anzahl an ausstehenden Optionen auf den Ölpreis entspricht Shortwetten auf einen Rohölpreis von $80 im Dezember 2012 in einem Volumen von insgesamt 35.453 Kontrakten. Ein Boykott iranischer Rohöllieferungen durch Europa muss nicht zwangsläufig zu starken Preisanstiegen des schwarzen Goldes führen, weil andere Handelspartner der islamischen Republik – wie China und Indien – diesen Trumpf ausspielen würden, um den Iran um Preisrabatte zu ersuchen.

Da diese Situation zu steigenden Rohölexporten des Iran in die BRIC-Staaten führe würde, kämen der Teheraner Regierung einerseits auch weiterhin ausreichend Einnahmen zu und anderseits würde sich die Angebotslage an den Weltmärkten nur wenig ändern, wie Experten mitteilten. Der US-Senat hat am 1. Dezember einem Gesetzesantrag zugestimmt, der im Falle seiner Verabschiedung dazu führen würde, dass die USA neue Sanktionen gegen Irans Zentralbank erheben würden. Auch die finanziellen Hürden zum Kauf iranischen Rohöls würden über Nacht drastisch steigen. Die Regierung von Präsident Obama hat sich diesem Gesetzesantrag bislang widersetzt, da die Rohölkosten im Falle einer Verabschiedung deutlich klettern könnten.

Die USA und Europa haben Irans Ölindustrie ins Auge gefasst, um die Bemühungen der Regierung des iranischen Staatspräsidenten Ahmadinedschad zum Aufbau eines eigenen Nuklearprogramms zu Fall zu bringen. Die Internationale Atomagentur teilte am 8. November mit, dass der Iran bis zumindest Ende des vergangenen Jahres an der Konstruktion von Kernwaffen arbeitete, was den Versuch eingeschlossen haben soll, einen aus Pakistan stammenden Sprengkopf zu verkleinern, um diesen passend für die eigenen Raketen zu machen. Laut Marktbeobachtern gebe es im Iran-Konflikt derart viel Bewegung, dass die Preisaufschläge an den Rohölmärkten gerechtfertigt seien. Großbritannien wies Irans Diplomaten zuletzt dazu an, ihre Londoner Botschaft zu schließen, nachdem es zu der Attacke auf die britische Botschaft in Teheran gekommen war. Nur zwei Tage später erwog die Europäische Union Überlegungen, um die Sanktionen gegen den Iran durch einen Importstopp for iranisches Rohöl auszuweiten. Marktteilnehmer zeigten sich aus diesem Grunde darüber besorgt, dass viele Dinge schon bald aus dem Ruder laufen könnten. Sollten die Befürchtungen an den Märkten zur Realität werden, sei sogar ein Rohölpreis von über $150 pro Fass keineswegs mehr auszuschließen. Im ersten Halbjahr 2011 importierte die EU 450.000 Barrel Rohöl pro Tag aus dem Iran, was in etwa 3 Prozent des täglichen Rohölbedarfs der Region abdeckt.